TRUMPF steigert Effizienz
mit neuer LaserHybrid-Schweißanlage

Dank LaserHybrid-Schweißsystem kosteneffizient selbst produzieren statt zukaufen
Trumpf
verzeichnete in den letzten Jahren ein signifikantes Wachstum bei
Biegemaschinen und erweiterte das Produktportfolio in diesem Sektor kontinuierlich.
Die gestiegene Kapazitätsauslastung machte den Zukauf tonnenschwerer Rahmen für
Biegemaschinen notwendig, was zu verlängerten Herstellungszeiten, höheren
Kosten und eingeschränkter Flexibilität in der Fertigung führte. Geschweißt
wurde beim Lieferanten manuell, verbunden mit aufwendiger Nacharbeit: Um im
Anschluss an das Handschweißen unerwünschte Aufhärtungen im Stahl zu vermeiden,
war ein energieintensiver Weichglühprozess notwendig.
„Beim
Weichglühen wird der Stahl in einem Glühofen auf bis zu 800 °C erhitzt. Während
des Aufheizens reagiert das Material mit dem Sauerstoff aus der Luft, oxidiert
an der Oberfläche und bildet Rost. Deshalb müssen die Bauteile vor dem
Lackieren sandgestrahlt werden“, erklärt Thomas Reiter, Fertigungsleiter bei Trumpf. „Dank
unserer neuen LaserHybrid-Portalschweißanlage können wir auf den
energieintensiven und kostspieligen Glühprozess verzichten. Mithilfe des Lasers
erwärmen wir den Stahl entlang der Schweißnaht je nach Material auf 150 °C bis
180 °C und reduzieren dadurch die Abkühlgeschwindigkeit nach dem Schweißen. So
vermeiden wir Aufhärtungen, Kaltrisse und Korrosion. Zudem sind wir durch die
eigene Produktion unabhängiger und flexibler.“
Optimale
Flankenanbindung und reduzierte Porenbildungstendenz
Das
LaserHybrid-Schweißverfahren kombiniert einen auf die Schweißnaht gerichteten
Laserstrahl mit einem MSG-Schweißprozess in einer gemeinsamen Prozesszone. Der
stark gebündelte Laserstrahl zeichnet sich durch seine extrem hohe
Energiedichte aus und dringt beim Schweißen der Maschinenrahmen bis zu 10 mm
tief in den Stahl ein. Unmittelbar nach dem Laser folgt der MAG-Prozess, der
die Wurzel auffüllt und eine optimale Flankenanbindung gewährleistet. Die
zusätzlich eingebrachte Wärme gibt dem Material Zeit zum Ausgasen und reduziert
die Porenanfälligkeit im Vergleich zum reinen Laserschweißen. Abhängig von der
Blechstärke werden bei Trumpf bis zu 29 Decklagen mit MAG aufgeschweißt.Effizienzsteigerung und Materialeinsparung
LaserHybrid bietet Trumpf im Vergleich zum reinen MAG-Schweißen entscheidende Vorteile. Reiter erläutert: „Erstens sparen wir bis zu vier Tonnen Schweißdraht und wertvolle Arbeitszeit pro Jahr, da wir besonders bei dünneren Blechstärken auf das aufwendige Anfasen der Blechkanten verzichten können. Die Nahtquerschnitte bleiben dadurch klein und erfordern weniger Zusatzmaterial. Zweitens steigern wir unsere Produktivität dank hoher Schweißgeschwindigkeiten, ermöglicht durch den stabilisierten Lichtbogen, der aus dem Zusammenspiel von LaserHybrid und MAG entsteht. Und drittens reduziert die geringe Streckenenergie den Bauteilverzug.“
Ein vierter Punkt, der sich ebenfalls positiv auf den Verbrauch von Schweißzusatz auswirkt, kommt ebenfalls zum Tragen: Durch das LaserHybrid-Verfahren kann die Schweißnaht weiter nach innen verlegt werden. Dadurch kann man beim Kehlnaht-Schweißen näher an die Seitenteile heranfahren und die Schweißfuge schmaler halten.

Evaluierung und Entscheidung für Fronius
Deshalb entschied man sich für eine Zwei-Stationen-Portalanlage mit je einem LaserHybrid- und einem MAG-Schweißroboter sowie zwei großen Kipp-Positionierern, die eine waagerechte Bauteilzuführung ermöglichen. Während in der Schweißzelle ein Maschinenrahmen geschweißt wird, kann der nächste bereits auf dem freien Positionierer fixiert werden – für einen nahtlosen Arbeitsablauf.
Alles in allem stellte sich die von uns vorgeschlagene Variante als die beste heraus. Ausschlaggebend waren mehrere Faktoren: ein vernünftiges Sicherheitskonzept, der Verzicht auf eine Brennerwechselstation durch den Einsatz von zwei Schweißrobotern, die problemlose Schlauchpaketführung, der Einsatz von WireSense für die Nahtsuche und die gute Zugänglichkeit des schlanken MAG-Roboters im Bereich der Ecken. Zudem gewährleistet das hauptzeitparallele Rüsten, ermöglicht durch die beiden Kipp-Positionierer, eine effiziente Produktion. Weitere Pluspunkte, die für uns sprachen, waren die langjährige, vertrauensvolle Geschäftsbeziehung, die Offline-Programmierung der Schweißjobs mit Pathfinder und die Kompetenz unserer Fachkräfte in der Anlagentechnik.
Kein Werkzeugwechsel erforderlich
„Der MAG-Roboter garantiert mit seiner Hohlwelle eine optimale Schlauchpaketführung. Seitlich geführte Schlauchpakete schlenkern oft ungewollt. Sie können beschädigt oder im schlimmsten Fall sogar abgetrennt werden. Zudem besteht die Gefahr, dass solche Schlauchpakete an Bauteilen oder Vorrichtungen hängen bleiben, was die Bewegungsfreiheit von Robotern einschränken kann“, erörtert Reiter.

Anspruchsvoll: zwei Schweißroboter auf einer Fahrschiene
Die von Trumpf für die Abnahmebauteile zur Verfügung gestellten Schweißfolgen wurden während der Konstruktionsphase mithilfe unserer Offline-Programmier-Software Pathfinder am digitalen Zwilling simuliert und auf Machbarkeit überprüft. So konnten die Schweißfachkräfte des Auftraggebers schon im Vorfeld auf mögliche Produktionsschwierigkeiten – zum Beispiel Zugänglichkeitsprobleme – aufmerksam gemacht werden. Wolfgang Mitterhauser, unser Software-Ingenieur und Pathfinder-Experte, setzte besondere Akzente:
„Ich habe den Postprozessor (Parser) erweitert, damit er für den MAG-Schweißroboter spezielle Befehle wie den Einsatz der WireSense-Nahtsuch-Sensorik übersetzen kann. Der Parser überträgt die erstellten Schweißprogramme vom digitalen Zwilling auf die echte Anlage. Die Erweiterungen beinhalten Programmabschnitte, die genau auf das System des Kunden zugeschnitten und in der Standardversion von Pathfinder nicht enthalten sind“, erklärt Mitterhauser.
Dank dieser Erweiterungen können die Anlagenbediener/-innen genau festlegen, welche Informationen in welchem Umfang vom Postprozessor übertragen werden. „Das Ergebnis ist ein Schweißprogramm, das exakt den Anforderungen des Roboters entspricht“, ergänzt Mitterhauser.
Damit ein möglicher Aufprall des Brenners am Bauteil frühzeitig erkannt wird, kann im Pathfinder ein Kollisionssensor angelegt werden. Erkennt das virtuelle Überwachungssystem einen potenziellen Zusammenstoß, wird dies von der Software sofort angezeigt.
Der
Schweißdraht als Sensor
Selbst wenn alle
Systemkomponenten nahezu perfekt ineinandergreifen, riskiert man ohne
Nahtsuch-Sensorik Abweichungen beim Lagenschweißen. Das kann zu Bindefehlern
wie Durchbrand oder unzureichenden A-Maßen führen. Unsere WireSense-Funktion
nutzt die Drahtelektrode als Sensor für die Schweißnahtsuche und verzichtet
dabei auf optische Messhilfen, die die Bauteilzugänglichkeit des Brenners
beeinträchtigen könnten. Durch punktgenaues Abtasten mittels hochfrequent
reversierender Drahtbewegungen werden die verschiedenen Bauteilgeometrien
erfasst und die Lage der einzelnen Bleche zueinander präzise bestimmt.
WireSense kommt ohne zusätzliche Brenner-Anbauteile aus und benötigt weder
Kalibrierungs- noch Wartungsarbeiten. Mithilfe der innovativen Sensorik
profitiert Trumpf von fehlerfreien Schweißnähten und verringerten Produktionskosten.
Intelligente
Steuerung aller Abläufe
Die
benutzerfreundliche Systemsteuerung HMI-T21 RS ist das Herzstück der Schweißanlage.
Sie überwacht und koordiniert alle Peripheriekomponenten wie Roboter,
Schweißstromquelle, Kipp-Positionierer und Brennerreinigung. Dank der
verfügbaren 3D-Echtzeitansichten können die Schweißfachkräfte von Trumpf
sämtliche Roboterbewegungen live auf dem Monitor verfolgen. Dabei haben sie die
Möglichkeit, zwischen voreingestellten oder selbst erstellten Ansichten zu
wählen und diese zu speichern, um stets eine optimale Darstellung zu
gewährleisten.
Ein wesentlicher Bestandteil der innovativen HMI-T21 RS ist ihr Programmeditor. Hier definieren Anlagenbediener/-innen die einzelnen Programmabläufe, weisen sie einer Bearbeitungsstation zu und speichern sie als Ablaufschrittkette ab.
In der Statusleiste werden Stör-, Warn- oder Info-Meldungen in Klartext angezeigt. Sind keine Meldungen vorhanden, werden sämtliche Anlagenzustände und der Programmablauf dargestellt, wobei man in der rechten Spalte den angemeldeten Benutzer sieht.
Mitterhauser: „Die Statusübersicht zeigt den Zustand aller vorhandenen Sensoren an. Kommt es zu einer Störmeldung, können sämtliche Signale mithilfe der HMI überprüft werden.“
Virtuelle
Inbetriebnahme und Montage
Aufgrund der
enormen Abmessungen von Portal und Positionierer war es uns nicht möglich, die
gewohnte Installation und Vorab-Inbetriebnahme des Schweißsystems an unserem
Standort durchzuführen. Stattdessen setzten wir auf eine virtuelle
Inbetriebnahme mithilfe von Pathfinder. Mit Unterstützung der Software
erstellten wir einen digitalen Zwilling der Anlage – inklusive aller im
Schaltplan definierten Signale sowie einer realitätsnahen Kinematik. Dieses
virtuelle Modell ermöglichte uns eine simulationsgestützte Inbetriebnahme unter
nahezu realen Bedingungen.
Auch bei der Vorab-Begutachtung durch unseren Kunden erwies sich Pathfinder als überaus nützlich. Sämtliche Bewegungsabläufe der beiden Schweißroboter und Kipp-Positionierer, die bis zu zehn verschiedene Bauteile aufnehmen können, konnten die Trumpf-Experten mithilfe einer Virtual-Reality-Brille realitätsnah erleben.
Trumpf war während der gesamten Designphase involviert und leistete mit Anregungen und Rückmeldungen einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Projekts.
Die Montage der LaserHybrid-Schweißanlage am Einsatzort erwies sich als anspruchsvoll. Die enormen Ausmaße des Portals und der bis zu 90° schwenkbare Kipp-Positionierer stellten eine erhebliche logistische Herausforderung dar. Alle Komponenten mussten zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Besonders herausfordernd war die nächtliche Lieferung der beiden Kipp-Positionierer, die aufgrund ihrer Größe teilweise über gesperrte Autobahnen transportiert werden mussten.
Effizienzsteigerung durch Machbarkeitsstudien mit Pathfinder
Bei Trumpf nutzt man die Software nicht nur zum Programmieren und Simulieren neuer Schweißjobs. Neue Bauteile werden virtuell auf ihre Schweißbarkeit hin überprüft: Inwieweit eignet sich die Bauteilgeometrie für automatisiertes Schweißen? Ist die Bauteilzugänglichkeit zufriedenstellend? Besteht die Gefahr von Kollisionen? Müssen Teile manuell geschweißt werden oder ist sogar die Konstruktion zu ändern? Detailreiche Machbarkeitsprüfungen und Ablaufsimulationen ersparen Trumpf mittlerweile bis zu drei Wochen an Programmierzeit.
Fazit: Richtige Entscheidung
Die neue LaserHybrid-Schweißanlage verbessert die
Schweißnahtqualität der Maschinenrahmen erheblich, steigert die
Schweißgeschwindigkeit und spart durch die Möglichkeit der
Offline-Programmierung und Simulation wertvolle Arbeitszeit.
Thomas
Reiter zeigt sich zufrieden: „Wir produzieren mittlerweile knapp 1.500
Biegemaschinen pro Jahr. Dank unseres neuen Roboterschweißsystems sind wir
nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch deutlich flexibler bei Lieferzeiten,
da wir ab sofort nicht mehr auf den Zukauf von Maschinenrahmen-Komponenten angewiesen
sind. Auch hinsichtlich der Produktionskapazität haben wir jetzt mehr
Möglichkeiten.“
